Historie

Mit der Gaststätte „Femlinde“ lebt ein spannendes Stück unserer Stadtgeschichte weiter

Altenbochumer Gastlichkeit seit 650 Jahren: Wo schon Kaiser Karl IV. einst Rast machte…

Hier am Freigrafendamm, an historischer Stätte, wo man sich bald wieder ein leckeres Bier aus der Familienbrauerei MORITZ FIEGE und deftige Kost schmecken lassen kann, stieg  einst schon Kaiser Karl IV. ab zur Rast. Das trug sich anno 1377 zu.

Und seit nunmehr 650 Jahren ist der Friemannhof somit ein Ort der Gastlichkeit. Der berühmte römisch-deutsche Machthaber schlug damals samt Gefolge sein Quartier im Sattelgut der Friemanns auf dem Weg von Dortmund nach Essen auf. 

Traditionslokal „Femlinde“ – das Herz Altenbochums 
Mit der Gaststätte „Femlinde“ lebte die Tradition über viele, viele Jahre – sie war das gastliche Herz Altenbochums, die gute Stube für Einheimische und Gäste, die Heimat für Stammtische und Vereine. Im Kultlokal wurden Geburten, Jubiläen und Hochzeiten gefeiert – und nach Beerdigungen getrauert. Und das alles bei einem guten Bier, gezapft, so wie es sein muss. Und nie alleine. Immer MITEINANDER. Dass hier jetzt weiter gelacht und gefeiert wird, dafür steht die neue Wirtin Rashida Honigmann (37), die gemeinsam mit MORITZ FIEGE wieder Schwung in die ,„Femlinde“ bringt. Nach einjähriger Renovierung wird im November 2022 die Neueröffnung gefeiert: „Mit der Femlinde erhält Altenbochum wieder einen Fixpunkt der Gastlichkeit zurück, an einem Ort, der geschichtsträchtiger kaum sein kann“, freuen sich die Familienunternehmer Carla und Hubertus Fiege. Auch die engagierte Tresenchefin, die ebenfalls das „Parkschlösschen“ am Stadtpark betreibt, freut sich auf ihre Gäste: „Es ist einfach wunderschön, die lange Geschichte der Femlinde weiterschreiben zu können.“ 

Es war einmal: Ein historischer Ort voller Geschichten

Als Bochum vor der industriellen Revolution noch in den Kinderschuhen steckte, standen „draußen auf dem Land“ mehrere Bauernhöfe, deren Ursprünge bis ins frühe Mittelalter reichen. „Wie lange noch?“, steht unter einem nostalgischen Bochumer Zeitungsfoto aus den 1920er-Jahren geschrieben, „da die Großstadt ihre Fangarme immer ausstreckt“.

Eines der Gehöfte war der malerische Backstein-Hof der alteingesessenen Familie Friemann, auf dessen Gelände in den 1950er-Jahren die heutige Gaststätte entstand.

Lange vorher, im Mittelalter, stecken die Wurzeln der „Femlinde“ und ihres Namens. Denn: „Feme“ kommt vom alten Wort „Vehme“, das „Strafe“ bedeutet. Unter der „Vehmlinde“ tagten die Freigerichte „mit den sieben angesehensten Männern des Volkes“. Dazu zählten auch die Vorfahren der Familie Friemann, eben freie Bürger, deren Stammbaum sich über 14 Generationen lang zurückverfolgen lässt in Altenbochum. 

Todesurteile: Femegerichte tagten unter der Linde 
Die Femegerichte urteilten über viele Rechtsakte, freies Gut, Erb- und Streitfälle, aber auch zu schweren Verbrechen. Dazu zählten neben Mord und Mordbrennerei auch Landesverrat, Notzucht, Raub auf offener Straße, Münzfälscherei, Meineid und schwere Diebstähle, etwa die in Kirchen. Ein wahres Sakrileg …

Mit tödlichen Folgen: An dem Ort, durch dessen schicksalhafte Bestimmung „anno dazumal“ der Straßenname Freigrafendamm entstand, tagten die Richter in freier Natur auf dem sogenannten „Freistuhl“, der Gerichtsstätte – im Namen der Potentanten. Dass es hier auch buchstäblich um den Hals der Angeklagten ging, war denen vor Ort an der Linde schnell klar: Denn auf der „Königsbank“ vor dem Freigericht unter dem Galgenbaum lagen die eindeutigen Symbole der gnadenlosen Gerechtigkeit: Ein offenes Schwert und ein Strick.

Vollstreckt wurde an Ort und Stelle; die Feme kannte bei den Kapitalverbrechen nur eins – die Todesstrafe. Wer „von sieben ehrbaren Händen“ für schuldig befunden worden war, wurde sofort an den nächsten Baum geknüpft. Und die Altenbochumer Femelinde war ja nicht weit … 

Der Galgen vor Ort: Mittelalter-Krimis am Freigrafendamm 
Eine Urkunde der Probsteikirche aus 1329 gilt als ältestes Dokument zur Femegeschichte in Bochum über die vielen Krimis an der Richtstätte. Letzte verbriefte Urteile wurden 1493 gefällt. Die anderen Bochumer Femegerichte sprachen Recht in Wattenscheid, Strünkede, Castrop, Ümmingen und an der alten Ruhrbrücke vor Hattingen. Eine imposante Wandmalerei solch einer Szenerie schmückte den prunkvollen Saal des alten Bochumer Rathauses. Mit dem Abriss 1925 wurde es zerstört. „Als schöne Reminiszenz an die Geschichte wird man es aber in der Gaststätte Femlinde als großes Bild wiederfinden können“, sagt Professor Dr. Johannes Friemann, der mit der Familienbrauerei MORITZ FIEGE die Historie seines Familiensitzes und der Freigerichtsstätte in die Zukunft tragen möchte: „Das ist uns allen, die an diesem Herzensprojekt beteiligt sind, ein ganz großes Anliegen.“

 

Nach dem Krieg: Erst Trinkhalle, dann Gaststätte 

Vor 64 lahren wurde die „Femlinde“ auf dem Land des alten Friemannhofes gebaut. Zuvor stand dort bis 1958 die Trinkhalle der Betreiber namens Fucken. Als erste Pächter übernahm die Familie Dörre das neue Lokal an der Ecke Freigrafendamm/ Liebfrauenstraße. „Mit der Gaststätte wollte mein Vater einen modernen Treffpunkt für die Altenbochumer schaffen. Er hatte immer hart gearbeitet, liebte aber auch das Leben, die Menschen, Geselligkeit und Musik“, sagt das Altenbochumer Urgestein Friemann, dessen Nachname allein so signifikant für die Geschichte der „freien Männer“ und der Freigerichte steht – sowie Frenking, Friedling, Frank oder auch Frie. Das lebensfrohe wie beeindruckende Erbe, es wirkt weiter …

Die Femlinde heute

Nach zwei Jahren Pause mit Komplettsanierung der „Femlinde“ wird mit MORITZ FIEGE und der neuen Chefin dafür Sorge getragen, dass in der Wiege Altenbochums weitere Kapitel geschrieben werden am Freigrafendamm. Dort, wo es sich vor 650 Jahren schon der Kaiser schmecken ließ, als er ein Päuschen machte …